Anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 findet der Erinnerungstag im deutschen Fußball statt. Der SSV Reutlingen beteiligt sich daran und möchte so seinen Beitrag leisten, dass die Gräueltaten des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig setzen wir ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz. Zudem ermutigt der Verein sein gesamtes Umfeld dazu, Strömungen von Ausgrenzung und Vorverurteilung entschieden entgegenzutreten.
Was hat Reutlingen mit der Verfolgung, Deportation und Vernichtung im Dritten Reich zu tun?
Zwar gab es im Reutlinger Stadtgebiet im Vergleich zu anderen Städten dieser Größe verhältnismäßig wenig Deportationen von Juden, das ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass der jüdische Bevölkerungsanteil relativ gering war. Die Gründe hierfür liegen noch in der Zeit der Freien Reichsstadt, die eine Ansiedlung von Juden in Reutlingen untersagte. Doch auch politisch Andersdenkende und Menschen mit Behinderung wurden in Reutlingen verfolgt und später getötet.
Noch eindeutiger wird der Bezug zu Reutlingen, wenn man die umliegenden Städte und Gemeinden mit einbezieht. So wurden etwa in Grafeneck rund 10.000 überwiegend aus Behinderteneinrichtungen verschleppte Menschen vergast, das alles innerhalb eines Jahres (1940). Die Anstalt diente dabei als grausame Versuchseinrichtung, die systematischen Tötungen möglichst »effektiv« durchführen zu können. Diese Erkenntnisse wurden in der Folge in den großen Konzentrationslagern wie Dachau oder Auschwitz angewandt. Weil die Geheimhaltung gegenüber der Bevölkerung nicht mehr aufrechtzuerhalten war, endeten die Ermordungen in Grafeneck im Dezember 1940. Fortan wurden Deportationen in die weit entfernten Konzentrationslager vorgenommen, hauptsächlich im Osten der damaligen Reichsgrenzen – weit weg von der heimischen Bevölkerung.
Was hat das alles mit unserem SSV zu tun?
Zugegeben, es liegen praktisch keine Erkenntnisse vor, inwiefern der SSV Reutlingen von der Verfolgung von Juden oder Oppositionellen im Nationalsozialismus betroffen war. Über der gesamten düsteren Zeit scheint ein grauer Schleier zu liegen. Allerdings ist es nicht erst seit Zweitligazeiten so, dass Menschen mit Migrationshintergrund und/oder anderer Hautfarbe einen großen Anteil am sportlichen Erfolg haben und hatten, sich für unsere Farben aufgeopfert und aufgerieben haben. Der SSV profitiert über alle Jugendmannschaften hinweg bis zur Ersten davon, dass Herkunft, Religion, Hautfarbe oder politische Gesinnung keine Rolle spielen. Wichtig ist einzig die Identifikation mit dem Verein und seinen Werten.
Auch auf den Rängen ist es der SSV, der eint. Etliche Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen in und um Reutlingen leben und arbeiten, besuchen seit Jahren regelmäßig die Spiele des SSV – sicher auch, weil sie in der SSV-Familie keine Ausgrenzung erfahren, sondern ein wichtiger Bestandteil dieser Familie sind. Dem Verein ist es ein Anliegen, dass das so bleibt: Jeder Mensch, jeder Fan ist willkommen!
Deshalb – !Nie Wieder
Weitere Infos zur Initiative unter niewieder.info